1945

Ein tragisches Schicksal will es, daß Vater und Sohn im gleichen Buch über einen verlorenen Krieg zu berichten haben.

GEBE GOTT, DASS DER NACHKOMMENSCHAFT SOLCHE TRAGIK ERSPART BLEIBT!

Von Mitte April ab kam man nicht mehr aus der Aufregung. Die anfänglich auf den nahen Flugplatz sich beschränkenden Bombenangriffe, wo ein Flugzeug um das andere im Brand geschossen wurde, dehnten sich allmählich auf alle militärischen Ziele aus. Die Feldarbeiten konnten nur unter Lebensgefahr durchgeführt werden, doch fiel keine Bombe in die Ortschaft, obwohl öfter Eisenbahnzüge unmittelbar vor derselben beschossen wurden. Kollosale Detonationen und Rauchentwicklungen in weiterer und näherer Entfernung zeugten von der furchtbaren Wirkung der Bombardierungen. Am 18.4. hörte man bereits den Kanonendonner von der Front, wodurch die Angst und Nervosität der Bevölkerung ins Unermessliche stieg. Am 19.4. rückte die im Dorf einquartierte SS - Formation ab. (Eine zur Hälfte aus russischen Soldaten bestehende Veterenärskompanie). Am gleichen Tag wurde in Weiden ein Munitionszug bombardiert, dessen Wirkung derart furchtbar war, daß selbst hier noch die Häuser erzitterten. In der Stadt selbst wurden 7 Häuser vom Grunde weggerissen und es gab in ganz Weiden kaum mehr eine ganze Fensterscheibe. Am 20.4. wurde bereits die ganze Umgegend mit Artillerie beschossen. In unserer Ortschaft selbst fiel ebenfalls kein Schuß. In den umliegenden Dörfern waren überall Feuerscheine zu beobachten. Vor allem in Rothenstadt und Wildenau brannte es furchtbar. Am 21.4. wurden von einigen Nachhuttruppen sämtlichte Bahnbrücken zwischen Etzenricht und Weiherhammer in die Luft gesprengt. Durch diese völlig sinnlose Tat wurden sogar einige Häuser hier stark beschädigt. Am 22. 4. früh 9 Uhr beschossen amerikanischen Panzer von Weiherhammer kommend, den südlichen Ortseingang. Nun wird die Ortschaft übergeben, wodurch sich die Spannung vorübergehend etwas löste. Beim Durchrollen endloser Kolonnen von Kriegsgerät werden wohl vielen die Augen aufgegangen sein, wie sinnlos und verbrecherisch die Fortsetzung dieses Krieges bis zu völligen Vernichtung war. Die Entspannung der Lage hielt leider nicht lange an, denn die hier in Arbeit stehenden vielen Ausländer, namentlich die beim Forstamt beschäftigten Polen fingen an zu rauben und zu plündern. Die Lage verschärfte sich von Tag zu Tag. Ganze Kolonnen dieser Leute, zogen, meist betrunken, durch die Gegend und machten alles unsicher. Erst jetzt zeigte sich so richtig, daß der Krieg verloren war, denn man fand nirgends Schutz. Um die Belange eines Deutschen kümmerte sich eben niemand. Der Umstand, daß Tausende von Flüchtlingen, aus den Ostgebieten kommend, von Ortschaft zu Ortschaft mit Pferdefuhrwerken nach dem Westen weitertransportiert werden müssen, da ja keine Bahn mit intakt war, macht die Situation umso schwerer.

Das Aufgebot aller vorhandenen Gespanne reichte oft nicht aus um den unaufhörlich scheinenden Zustrom zu bewältigen. Ebenso kommen täglich mehr, zerlumpte und halb verhungerte Soldaten, die zu Fuß in ihre Heimat wandern, und bitten um Unterkunft und Essen. Beim Anblick der armen, vom Schicksal so arg heimgesuchten Leute, packt einem wirklich das Grauen, daß es soweit kommen mußte. In diesem Sinn ist die Suche nach den Schuldigen, wie sie heute von der Besatzungsarmee, durch das sich in Vorbereitung befindlichen sogenannten Entnazifizierungsgesetz nur zu begrüßen. Es bleibt nur zu hoffen, daß dadurch auch die wirklichen Schuldigen ohne Ansehen der Person, und auch der Staatszugehörigkeit, bestraft werden können.

Unter diesen Umständen kann natürlich von einer Tätigkeit der Feuerwehr in diesem Jahr überhaupt keine Rede sein, zumal ja auch keine Richtlinien von der Besatzungsmacht über das weitere Bestehen der Wehr bekannt sind.

H. Weidner Kommandant

Wölfinger Schriftführer

Bericht des Kommandanten und des Schriftführers im Jahre 1945

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